Alle 2 Jahre richtet die Fakultät Gestaltung der FH Würzburg-Schweinfurt ein designtheoretisches Symposion aus – inzwischen zum dritten Mal. In diesem Jahr befassen sich bei der eintägigen Veranstaltung am Mittwoch, 16. April, ab 14 Uhr vier ReferentInnen mit dem Thema »1968«, ab 19 Uhr bildet eine Podiumsdiskussion das Finale.
Dankenswerterweise wurde ich mit der Gestaltung des Flyers betraut – »Du steckst doch in dem Thema drin« … (vermutlich als Anspielung auf mein Geburtsjahr), und nach einem kurzen informellen Gespräch kam ich bereits am gleichen Abend schwer ins Grübeln: Wie stellt man »1968« grafisch dar?
Natürlich kochen die Gefühle zum Thema teilweise hoch – aber mit dem »Summer of Love 1967«, im letzten Sommer sehr unterhaltsam auf Arte abgefeiert, hat das hiesige 1968 nicht so viel zu tun. Zumindest nicht visuell: Hier beherrschten die hektographierten Mitteilungen der (Arbeiter- und) Studentenbewegung die visuelle Kultur, Willi Fleckhaus’ Gestaltung für Twen (oder eben Suhrkamp) – oder das (oft kühle) Informationsdesign der Ulmer Schule (Helvetica forever).
Meine Entscheidung war schließlich, mich nicht zu entscheiden, sondern den Flyer inhaltlich identisch auf unterschiedlich gestalteter Vorder- und Rückseite unterzubringen: Einmal als Verbeugung vor der eher ungestümen Klebe- und Schreibmaschinenästhetik der »inoffiziellen« Medien (mit einer Prise Fleckhaus, was den schwarzen Hintergrund angeht, vor allem aber dem typischen »Marsch«-Motiv im Kopf der Seite), einmal als Reminiszenz an die eher nüchtern-sachliche Gestaltung der 1960er Jahre, wie sie in der Schweiz bzw. eben Ulm gepflegt wurde – hier als Zitat einer Bedienungsanleitung des Tonbandgeräts Uher 724 (das, ich muß es zugeben, schon 1966/67 produziert wurde).
Der Flyer selbst bekommt einen Zickzack- statt eines Wickelfalzes, so daß die beiden Köpfe jeweils standgenau außen zu stehen kommen (Rückseite um 180° gedreht gedruckt), also entweder so:
oder so:
Welche Ästhetik repräsentiert 1968 mehr? Möglicherweise liefert das Symposion eine Antwort – der Eintritt jedenfalls ist frei:
Mittwoch, 16. April 2008, ab 14 Uhr, Korngasse 6 in Würzburg.
PS: Besonders frappierend ist das Bildmotiv bei der »sachlichen« Version – das Tonbandgerät (Gewicht: 10 kg) wird von einer Frau im Minirock getragen. Dieser Kombination aus tragbarer (Hoch-)Technologie und Mode begegnet man immer wieder, z. B. vor etwa acht Jahren – auf dem Cover des MacMagazins #3.2000 ist ein ähnliches Motiv zu sehen (Hinweis: der abgebildete iMac ist mit rund 18 kg fast doppelt so schwer wie das Uher-Tonbandgerät):
Times, they are a-changin’? Jedenfalls bleibt Technik sexy – 1968 gab es bereits (leichtere) tragbare Kassettenrekorder, und auch der Laptop (ca. 15% Gewicht im Vergleich zum Ur-iMac) ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts.
Aber was sieht man schon an kleinen, zugeklappten Geräten – noch dazu, wenn sie mühelos in irgendeiner Tasche zu verstauen sind … ;-)
Bildnachweis: Agit883, Uher, MacMagazin